Volker Eckert


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Hardliner auf der Insel der Glückseligen

Jörg Schönbohm sprach über die "Sichehrheitsproblematik" in seinem Heimatort Kleinmachnow – und fand keine

Von Volker Eckert

Kleinmachnow – Manchmal wird Jörg Schönbohm von schrecklichen Szenen heimgesucht. Da sieht er einen Terroristen, wie er von einem der 32 Kleinflughäfen Brandenburgs in Richtung Berlin startet. Wo er die vollgetankte Maschine geradewegs in den Reichstag steuert – während einer Bundestagssitzung. Den Angstschweiß treibt dem Innenminister aber die Vorstellung auf die Stirn, was danach passieren würde. Er müsste sich die Frage gefallen lassen. „Herr Schönbohm, wie konnte das passieren?“

Dass es wirklich so weit kommt, glaubt Schönbohm allerdings nicht. Er vertraut auf die Wirkung des Sicherheitspakets, das in Brandenburg nach den Anschlägen eilig verabschiedet worden ist. Es war Teil seiner Gedanken zum Thema „Innere Sicherheit in unserer Gemeinde seit dem 11. September“. Die präsentierte der Kleinmachnower Schönbohm am Donnerstagabend auf Einladung des CDU-Ortsverbandes in den Kammerspielen seinen Mitbürgern. Und brachte darin noch manch andere kurzweilige Episode unter. Offen blieb allerdings, was der 11. September mit der Inneren Sicherheit von Kleinmachnow eigentlich zu tun hat.

Und auch den rund 60 Zuhörern brannten offenbar andere Sorgen auf den Nägeln als mögliche Anschläge auf die Machnower Schleuse. Die Gewaltbereitschaft der Jugend zum Beispiel. Für mehr Bolzplätze plädierte ein Gast: „Meine Enkel sind alle in Sportvereinen. Die haben gar keine Zeit für Randale.“ Mehr Disziplinarmöglichkeiten für Lehrer forderte dagegen eine Dame. Die resolute ältere Dame warnte davor, dass nach ihrer Ansicht bei Straftätern immer nach Entschuldigungen im sozialen Umfeld gesucht werde wie: „Als Kind zu heiß gebadet.“

Womit sie beim Innenminister offene Türen einrannte. Er selbst hatte sich für die Einführung von Kopfnoten in Brandenburg stark gemacht, um wieder das Sozialverhalten der Schüler bewerten zu können. Was der Ex-General darunter versteht, verdeutlichte er mit einer kleinen Geschichte: Beim Besuch eines Ausbildungsbetriebs sei er auf erstaunte Lehrlinge getroffen. Die wunderten sich darüber, dass man von ihnen verlangte, morgens um sieben zur Arbeit zu erscheinen – pünktlich. Und dann habe ihr Meister auch noch von ihnen verlangt, dass sie die Werkstatt aufräumten – ordentlich.

Doch lieber redete der gerade von der Innenministerkonferenz zurückgekehrte Schönbohm von der großen Politik: von den Verhandlungen über das zweite Sicherheitspaket und das Zuwanderungsgesetz von Bundesinnenminister Otto Schily. Und es war letzteres, das die Gemüter der Gäste in den Kammerspielen erhitzte. Als Schönbohm von Integration als politischem Ziel sprach, ergänzte eine Stimme aus dem Publikum: „Für die, die integrierbar sind.“ Dieselbe Dame beklagte später, „was die Deutschen sich von den Ausländern gefallen lassen“, ohne weiter auszuführen, was sie damit meinte. Im Publikum verstand man die Dame aber auch so, ein zustimmendes Raunen ging durch den Saal.

Schönbohm berichtete von einer Begegnung mit einer Kreuzbergerin aus seiner Zeit als Berliner Innensenator, die in einem Haus mit vielen Ausländern lebte. „Als wir an Weihnachten unsere Lieder sangen, kam aus dem ersten Stock laute Bongomusik – nur um uns zu ärgern“, hatte sich die Frau bei Schönbohm beschwert. Der B.Z. sagte er schon als Senator, man müsse Ausländern, die nicht Deutsch lernten, die Sozialhilfe kürzen. Vom politischen Gegner sei er dafür mit Häme überschüttet worden. Die Botschaft des Ministers: Er, der Hardliner, der Mann, der unbequeme Wahrheiten ausspricht.

Vorsichtiger dagegen seine Aussagen zu einem eventuellen Antreten der Schill-Partei bei den nächsten Landtagswahlen. Der innenpolitische Sprecher seiner Fraktion, Sven Petke, hatte ihn darauf angesprochen und in seiner Frage die sicherheitspolitischen Erfolge der CDU gleich mit angeführt. Die Steilvorlage nahm Schönbohm aber nicht auf, sondern gab zu bedenken: „Die Wähler entscheiden nicht unbedingt nach der tatsächlichen Sicherheitslage, sondern eher nach ihrem Gefühl.“ Deshalb dürfe seine Partei Schill nicht unterschätzen.

Andernfalls könnte ja auch das Thema Zuwanderung die Kleinmachnower kaum so beschäftigen. Leben sie doch mit einem minimalen Ausländeranteil wie „auf einer Insel der Glückseligen“ (Schöhbohm). Und auch sonst fühlt der Minister sich in Kleinmachnow nach eigenem Bekunden sehr sicher.

(PNN vom 10. November 2001) zurück zur Textübersicht