Volker Eckert


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Früher in die Schule oder weiter in der Kita?

Die Entscheidung, ob ihr Kind schulreif ist, fällt vielen Eltern schwer. Letztes Jahr sank die Anmeldung von fünfjährigen „Kann-Kindern“. Experten fordern mehr Personal.

Von Volker Eckert

Düsseldorf. Auch in Düsseldorf können Eltern ihre Kinder früher einschulen. Aber machen sie davon auch Gebrauch? Bei der im Oktober gelaufenen Anmeldung für das kommende Schuljahr hat sich der Stichtag für den sechsten Geburtstag um einen Monat nach hinten verschoben.

Allerdings ist die Verunsicherung in der Elternschaft offenbar noch groß darüber, was für das Kind das Richtige ist. Im Vergleich zum Vorjahr jedenfalls ist die Zahl der frühzeitig Angemeldeten – der so genannten Kann-Kinder – sogar zurückgegangen, trotz gleichzeitigem Anstieg der Zahl der voraussichtlichen Einschulungen.

Politisch ist der Trend klar vorgegeben: frühere Einschulung. Der Stichtag wird schrittweise um jeweils einen Monat nach hinten verschoben, erstmals für das kommende Schuljahr: von Ende Juni auf Ende Juli. Ein Beispiel: Philip, der am 13. Juli 2001 geboren ist, wird im kommenden Schuljahr regulär in die 1. Klasse gehen. Bislang hatten die Eltern die Wahl: noch ein Jahr im Kindergarten oder Kann-Kind.

Barbara Esser, Rektorin der Montessori-Grundschule in Flingern, spricht von „guten und schlechten Erfahrungen“, die ihre Schule mit Kann-Kindern gemacht habe. Sie hat gerade erlebt, dass eine Mutter ihr Kind anmelden wollte, das zur Einschulung noch nicht einmal fünf wäre.
Kann das Kind sich schon allein anziehen?

Für die Eltern sei es nicht einfach, ihr Kind realistisch einzuschätzen. An Schulen wird beobachtet, dass sich Eltern durch die aktuellen Diskussionen zu übertriebenem Ehrgeiz anstacheln lassen. Deshalb schaut sich etwa die Montessori-Schule die Kinder vorher genau an, lädt zu einer Probestunde und redet mit den Kitas.
Bei der Frage nach der Eignung spielten aber nicht allein die intellektuellen Fähigkeiten eine Rolle, sondern auch die soziale Entwicklung, erläutert Barbara Esser. „Da geht es um so einfache Fragen wie: Kann sich das Kind allein anziehen?“

Man dürfe aber den Übergang von der Kita zur Schule nicht unterschätzen, hier erwarten das Kind eine größere Zahl an Bezugspersonen und meist viel mehr unbekannte Kinder. Das Ende der behüteten Kitawelt und die Unübersichtlichkeit der Schule sei für manche Kleinen schwer zu meistern.

Kinderpsychologin Dr. Ulrike Bowi von der Düsseldorfer Uniklinik fordert deshalb, dass die Schulen sich auf die immer jüngeren Kinder einstellen müssen: „Dazu braucht man mehr Lehrkräfte, um in kleineren Gruppen arbeiten zu können.“ Denn es sei schon jetzt ein Problem, dass Lehrer nicht immer die Möglichkeit hätten, genügend auf die einzelnen Schüler einzugehen.
Einfach länger auf der Grundschule bleiben
Die Verjüngung der Kinder an den Grundschulen wird noch durch ein weiteres Gesetz gefördert. Durch die so genannte „Flexible Schuleingangsphase“ gibt es keine Rückstellung von scheinbaren Spätentwicklern mehr. Langsame Kinder können ihre Zeit auf der Grundschule auf fünf Jahre ausdehnen, ohne „sitzen zu bleiben“.

Für Schulleiterin Barbara Esser ist das auch ein Rettungsanker für Kinder, bei denen sich herausstellt, dass die Einschulung doch zu früh kam: „Wenn die ein Jahr länger bleiben, habe ich damit kein Problem.“

 

(WZ vom 20. Dezember 2006) zurück zur Textübersicht