Teltow gegen Lärm und schleche
Luft
Vielerorts
in der Stadt werden Grenzwerte überschritten. Ein Büro
erarbeitet jetzt ein Konzept zur Linderung
Von Volker Eckert
Teltow - Jeden Tag in Teltow: Stau auf der Potsdamer
Straße. Für die Autofahrer nervenaufreibend, aber schlimm
auch für die Anwohner. Wie jetzt berechnet, übersteigt
die Lärmbelastung auf der Teltower Hauptverkehrsachse die zugelassenen
Höchstwerte für Lärm – und nicht nur dort.
Werte für die Luftverschmutzung müssen erst noch berechnet
werden, aber auch da ist nichts Gutes zu erwarten. Die Stadt ist
nun dabei, einen Plan zur Lärmminderung und Luftreinhaltung
erarbeiten zu lassen.
Daran arbeitet seit einiger Zeit die Firma Kommunaldata.
Am Mittwochabend stellte Mitarbeiter Rainer Schneewolf vor rund
einem Dutzend Zuhörern die ersten Ergebnisse im Rahmen der
Ausstellung der Lokalen Agenda im Bürgerhaus vor.
Am Anfang der Arbeit steht die Problemanalyse. Eines
der Ergebnisse: Knapp 8000 Menschen in der Stadt sind von Lärm
betroffen, der zugelassene Grenzwerte übersteigt. Höchstwerte
erreichen erwartungsgemäß die Potsdamer und die Mahlower
Straße. Auf der Teltower Ost-West-Achse werden tagsüber
durchschnittliche Dezibelwerte von über 65 erreicht, was als
Schwellenwert für ein erhöhtes Herzinfarktrisiko gilt.
Rainer Schneewolf schränkte allerdings ein: „Gemessen
wird an der Außenwand, bei geschlossenem Fenster ist die Belastung
für die Anwohner deutlich geringer.“ Damit wollte er
den Handlungsbedarf aber in keiner Weise schmälern.
Um sich ein Bild von der Verkehrsbelastung in der
Stadt zu machen, hat Kommunaldata auch Zählungen gemacht. Die
meisten Fahrzeuge wurden – noch vor der S-Bahn-Eröffnung
- am Ruhlsdorfer Platz gezählt: fast 30000 pro Tag. Am Liebigplatz
waren es immerhin noch 20700. Um nun festzustellen, welche Route
die Fahrer durch die Stadt nehmen, hielten die Zähler auch
die Nummernschilder fest – in den Stoßzeiten eine sehr
anstrengende Aufgabe für die Schüler des Kant-Gymnasiums,
die sich bereit erklärt hatten, mitzumachen.
Dahinter stand laut Schneewolf die Frage: Wie viel
Verkehr können wir durch Umgehungsstraßen aus der Stadt
halten? Ein Ergebnis: Fast die Hälfte der Autos am Liebigplatz
waren auch über den Ruhlsdorfer Platz gekommen, also durch
die ganze Stadt gefahren – Schneewolf: „heiße
Kandidaten für die Nordspange“.
Wie geht es weiter? Wenn nichts passiert, werde sich
die Situation bis zum Jahr 2015 verschlimmern, so Schneewolfs Prognose.
Grund sei schon das vorhergesagte Wachstum der Stadt auf dann rund
24000 Einwohner. Das Konzept des Büros baut zum einen auf die
Umgehungsstraßen: die im Bau befindliche Ostspange, die beschlossene
Nordspange, die im übernächsten Jahr fertig sein soll
und die so genannte Biomalzspange, deren Zukunft aber noch ungewiss
ist. Ergänzt würde die neuen Straßen durch Tempo
30 um den Ruhlsdorfer Platz. Das würde zum einen den Motorenlärm
senken und wäre zudem ein weiterer Anreiz für die Autofahrer,
das Zentrum zu meiden und die Umgehungen zu nutzen. Dann könnten
nach Annahme von Kommunaldata der Verkehrsumfang am Ruhlsdorfer
Platz auf täglich 11000 gesenkt werden, die Zahl der Menschen,
die übermäßigem Verkehrslärm ausgesetzt sind,
würden um mehrere tausend abnehmen. Wenn das Konzept fertig
ist, sollen die Ausschüsse und die Stadtverordneten es absegnen.
Damit hätte die Stadt dann eine Selbstverpflichtung.
Verblüfft zeigte sich Schneewolf von der „enorm
hohen“ Zahl an Pendlern: 8600 in die Stadt und 5400 heraus.
Es ist allerdings nicht bekannt, wie viele davon das Auto benutzen,
sicher aber ein großer Teil. Daher schlägt er vor, auch
über verbesserte ÖPNV-Angebote nachzudenken, um einen
Teil von ihnen zum Umsteigen zu bewegen. Große Effekte seien
davon allerdings nicht zu erwarten.
Mit dem Projekt Lärmminderung und Luftreinhaltung
gehört Teltow zu den Vorreitern in Brandenburg. Zwar sind Maßnahmen
– teilweise erst seit kurzem – gesetzlich vorgeschrieben.
Aber bisher sind nur einige Modellprojekte auf den Weg gebracht,
etwa in Neuruppin oder Cottbus. Teltow hat sich beim Landesumweltamt
selber angemeldet und läuft außer der Reihe.
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