Do-it-yourself-Politiker
Horst
Hilzbrich aus Kleinmachnow ist kein Polit-Profi und steckt auf einmal
mitten im Wahlkampf: als Kreisvorsitzender der WASG
Von Volker Eckert
Kleinmachnow - Horst Hilzbrich hat sich seine kleine
Wahlkampfausrüstung bei Conrad-Elektronik bestellt: erstmal
eine Schriftanzeige und ein Megaphon. „Ich stelle mir das
so vor, ich setze mich ins Auto und klappere die Gemeinden ab“,
sagt er. Das habe er allerdings noch nicht abgestimmt, schiebt der
Ruheständler hinterher. Abgestimmt mit dem neuen Kreisverband
der Wahlalternative Soziale Gerechtigkeit (WASG) in Potsdam-Mittelmark.
Hilzbrich ist Sprecher und zugleich Vorsitzender.
Ob er vielleicht bald nicht mehr auf seiner selbst
gebauten Terrasse in Kleinmachnow sitzt, umringt von Spechten und
Drosseln, sondern im Bundestag? Der 64-jährige Ruheständler
winkt ab: Das sei sicher kein Thema. An die 30 Prozent, die das
linke Bündnis laut Umfragen im Osten bekommen könnte,
will er nicht so recht glauben.
15 bis 20 Mitglieder hat die Wahlalternative bisher
in Potsdam-Mittelmark, aber laut Hilzbrich werden es fast täglich
mehr. Viel Geld für den Wahlkampf ist nicht da, weil über
die Beiträge – auch anderswo – nicht viel reinkommt:
Arbeitslose zahlen den Mindestsatz. Hilzbrich weiß, dass die
WASG es im Westen leichter hat, weil dort viele der Sympathisanten
nicht schon in der PDS sind. Aber er habe auch viele gesprochen,
die jetzt erst wieder politisch aktiv werden. Die würden in
die WASG eintreten.
Hilzbrich ist selber kein Betroffener der Politik,
gegen die sich seine Partei gegründet hat. Er studierte in
den 60ern Bauwesen in Leipzig und arbeitete danach im BMK Ost in
Potsdam als Bauleiter. Auch die Wende überstand er, wechselte
zu einer Branchengröße nach Berlin. Vor fünf Jahren
baute er mit seiner Frau im Norden von Kleinmachnow – ein
kleines Haus mit Backsteinfassade inmitten von Bäumen.
Das mit der Politik begann langsam. „Eine Zumutung“
findet Horst Hilzbrich, was die Regierung in den vergangenen Jahren
produziert hat. Wenn man erst die Steuern kürze und damit im
Wesentlichen den Vermögenden „das Geld in die Taschen
stopft“ dürfe man sich nicht wundern, wenn hinterher
nichts mehr für das Gemeinwesen da sei. Hilzbrich ist der festen
Überzeugung, dass die Leute von der Politik belogen werden:
„Ich kann das mit Zahlen belegen.“
Auch den Irakkrieg hat er George Bush bis heute nicht
verziehen. Hilzbrich ging zu Demonstrationen, organisierte in Potsdam
die – „bescheidenen“, wie er sagt – Demonstrationen
gegen Hartz IV mit. Als die Wahlalternative ins Leben gerufen wurde,
hat er sich sofort angemeldet: „Darauf habe ich gewartet.“
Hilzbrich wählt seine Sätze mit Bedacht,
manchmal überlegt er ein paar Sekunden, bevor ihm das passende
Wort einfällt. Gegenüber den Medien ist er misstrauisch,
besonders nach einem RBB-Beitrag, wo der WASG Machtgeilheit vorgeworfen
worden sei. Politisch engagiert hatte er sich zuletzt zu DDR-Zeiten:
in der Potsdamer Stadtverordnetenversammlung oder gewerkschaftlich.
Auch Schöffe war er einmal. 1958 ist er nach dem Abitur CDU-Mitglied
geworden. Nach der Wende ist er dann ausgetreten, „nachdem
ich langsam gemerkt habe, wo ich hingeraten bin.“
In die PDS einzutreten, mit dem Gedanken hat er aber
nie gespielt, er sei schließlich sozial orientierter Christ.
Trotzdem hat er jetzt nichts gegen das Bündnis mit der Ostpartei,
gemeinsam glaubt er an einen Einzug in den Bundestag. Es gehe aber
nicht um Macht, sondern darum, in die Phalanx des „neoliberalen
Parteienquintetts“ einzubrechen, „dem Volk wieder eine
Stimme zu geben“.
Bis dahin stehen ihm nun zwei anstrengende Monate
bevor, die heiße Phase des Wahlkampfs komme ja erst noch.
Er hat sich schon ein WASG-T-Shirt besorgt.
|