Gemeinsam sind wir pleite
Nach
einem Jahr als Großgemeinde bremsen in Nuthetal Bürokratie
und Geldmangel das Zusammenwachsen
Von Volker Eckert
Nuthetal – Nuthetal hatte Geburtstag –
gefeiert hat die Gemeinde nicht. Eher ihr Jubiläum totgeschwiegen.
Es war in einer Sondersitzung der Gemeindevertretung vor ein paar
Wochen, als der Anlass kurz erwähnt wurde. Die Volksvertreter
hatten sich getroffen, um den Nachtragshaushalt der klammen Gemeinde
und das notwendige Sparkonzept zu beschließen, die inzwischen
von der Kommunalaufsicht gekippt worden sind. Da sagte die Saarmunderin
Ute Hustig von der PDS fast beiläufig: „Der Zusammenschluss
hat uns keine Einsparungen gebracht.“ Dabei sei das doch das
Hauptargument gewesen.
Den Abbau von Verwaltung und Bürokratie, mit
dem Innenminister Jörg Schönbohm seine Gemeindegebietsreform
begründet hatte, kann in Nuthetal bisher niemand erkennen.
„Im Gegenteil“, wettert SPD-Gemeindevertreter Gerhard
Kruspe, der in Bergholz-Rehbrücke der einzige war gegen den
Zusammenschluss gestimmt hatte. Es sei zwar nicht die Schuld der
hiesigen Verwaltung, wenn das Verkehrsministerium verspreche, die
Bauordnung zu entschlacken und am Ende eine Version herauskomme,
die sogar noch schwieriger sei als die alte. „Aber die Folgen
bekommen wir hier zu spüren.“
Dass es nicht vorangeht, das beklagen vor allem die
kleinen Gemeinden. Ortsbürgermeisterin Doris Stoof vermisst
die Zeiten, als in Tremsdorf alle Themen in der Gemeindevertretung
verhandelt wurden: „Da wusste jeder über alles Bescheid,
es gab nicht die ganzen Ausschüsse.“ Heute dauere es
dagegen ewig, bis endlich ein Beschluss gefasst werde.
Beispiel Alte Schule. Lutz Hagen, der in der BON-Fraktion
die kleinen Orte im Gemeindeparlament vertritt, glaubt, dass Tremsdorf
das Projekt allein schon geschultert hätte, den alten Bau in
ein touristisches Zentrum umzuwandeln. „Es geht alles so langsam“,
klagt er. Und seit dieser Woche sieht es noch schlechter aus für
das Herzensprojekt der kleinen Gemeinde, die endlich ein eigenes
Gasthaus haben will. Die Kommunalaufsicht hat das Sparkonzept gekippt,
bis 2006 wird es nun so gut wie gar kein Geld zum Investieren geben.
Auf dem beschwerlichen Weg des ersten Jahres hängen
der neuen Gemeinde die Schulden wie ein Betonklotz am Bein. Für
die kleinen Gemeinden war die Fusion ohnehin eher Geld- als Liebesheirat.
Doch nun fühlen sich viele um die Fusionsprämie betrogen.
Die sei praktisch durch die Kürzung der Schlüsselzuweisungen
wieder aufgehoben worden, sagte Ute Hustig. Das weiß auch
Bürgermeister Gerhard Ling. Aber er erinnert daran, dass durch
die größere Einwohnerzahl Nuthetal nun in eine höhere
Förderstufe gerutscht ist. Ling sieht eine zunehmende Akzeptanz
für Nuthetal. Auch wenn manche ihm vorwerfen, dass er bisher
den Kontakt zu den Kollegen aus den Ortsteilen vernachlässigt
habe. Der Trend gehe in die Richtung: „weg von den kleinen
Gemeinden, wo jeder für sich arbeitet. Je größer
wir sind desto mehr Einfluss haben wir in der Region.“
Immerhin in einem Punkt sind sich alle einig.
Das Klima in der neuen Gemeindevertretung ist sachlich und gut.
Manchmal sind es aber die kleinen Dinge, die das Zusammenwachsen
schwer machen. In Fahlhorst zum Beispiel ist der Kasten für
Aushänge jetzt nur noch für Nuthetaler Belange reserviert.
Früher konnte hier jeder Fahlhorster Verein seine Veranstaltungen
ankündigen. „Das sind Kleinigkeiten“, sagt Ortsbürgermeister
Karl-Heinz Mayhack. „Aber die stören die Leute.“
Bürgermeister Ling hat angekündigt, sich um einen zweiten
Kasten zu kümmern. Und häufigere Treffen mit den Ortsbürgermeistern
wird es auch geben.
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