Baureihe Luftschloss
Mehr
als 70 Millionen Euro Steuergelder kostete der Cargolifter. Wenn
die Chipfabrik scheitert, könnte es ähnlich teuer werden
Von Volker Eckert
Potsdam - Der märkische Sand ist weich. Man könnte
geradezu glauben, dass manche Leute ihn für besonders geeignet
halten, darin Millionengräber auszuheben. Der Cargolifter ist
bereits als Totgeburt geendet, der Chipfabrik könnte es genauso
ergehen. Und dabei steht auch viel Geld des heimischen Steuerzahlers
auf dem Spiel.
Zum einen ist Brandenburg mit 38 Millionen über
die Landesinvestitionsbank (ILB) an dem Hightech-Projekt in Frankfurt
(Oder) beteiligt. Schon vor zwei Jahren beschloss das Kabinett außerdem
eine Bürgschaft über rund 37 Millionen Euro für den
Bau der Fabrik. Doch die Zahlen verblassen neben den Summen, um
die es jetzt geht: Mit einer Bürgschaft von 600 Millionen Euro
sollen Bund und Land geradestehen, wenn das Projekt scheitert –
so wünschen es sich die Betreiber und der Hauptfinanzier Dubai.
Das wären 80 Prozent der Bankenkredite. Doch vor allem dem
Bund ist das Eigenkapital zu gering, um die Bürgschaft zu geben.
Viel wurde verhandelt, seit Brandenburgs damaliger
Wirtschaftsminister Wolfgang Fürniß (CDU) im Februar
2001 das Hochtechnologieprojekt vorstellte. Doch getan hat sich
weit weniger. Der Grundstein zur Fabrik wurde zwar gelegt, aber
die Bauarbeiten mehrfach monatelang unterbrochen. 60 Auszubildende
im kaufmännischen und technologischen Bereich hat die Betreiberfirma
Communicant AG in diesem Jahr eingestellt, 70 im Vorjahr. Sie werden
für ein Unternehmen ausgebildet, von dem niemand weiß,
ob es einmal seine Arbeit aufnehmen wird. 360 000 Euro, hieß
es, investiere das Unternehmen jährlich in die Ausbildung.
Die Stadt Frankfurt (Oder) hat einen Gewerbepark gebaut und verkehrsmäßig
erschlossen, dessen Leerstand ohne den zentralen Mieter Chipfabrik
absehbar ist. Kosten: rund 10 Millionen Euro.
Ein anderes Brandenburger Großprojekt hat die
Bruchlandung schon hinter sich. Beim Cargolifter blieb dem Insolvenzverwalter
nichts anderes übrig als die Zerschlagung. Knapp 42 Millionen
Euro Fördergelder von Bund und Land waren in den Bau der Halle
und des Besucherzentrums geflossen. Für kleinere Einzelprojekte
wurden weitere Mittel bewilligt. Und die Bundesanstalt für
Arbeit verlangt schätzungsweise 20 Millionen Euro, weil sie
unter anderem drei Monate lang die Löhne der Mitarbeiter gezahlt
hat. Inklusive Zinsen könnten sich die Rückforderungen
der öffentlichen Hand laut Insolvenzverwalter Rolf-Dieter Mönning
so auf mehr als 70 Millionen Euro summieren.
Ein Viertel der Fördersumme könnte
das Land dem Vernehmen nach von der malaysisch-britischen Investorengruppe
zurückerhalten, die in der Halle einen Freizeitpark mit Tropenlandschaft
bauen will. Der Rest des Geldes ist wohl weg. Bleibt die Hoffnung,
dass die versprochenen Arbeitsplätze durch das neue Projekt
geschaffen werden. Und außerdem müsse man bedenken, heißt
aus der ILB: „Über Lohnsteuer und Mehrwertsteuer ist
auch viel Geld an den Staat zurückgeflossen.“
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